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    Editorial

    Group Ride Etiquette

    Sophia Willmes
    Sophia Willmes
    17. Mai 2023 7 Min.
    Group Ride Etiquette

    Wie verhält man sich auf einem Group Ride?

    Wir reden nicht mit vollem Mund, wir halten einander Türen auf, unterbrechen niemanden beim Sprechen, wer als Erster Shotgun ruft, sitzt im Auto vorne. Man schmeisst Socken direkt in die Waschmaschine, statt sie auf dem Boden liegen zu lassen und man kündigt Wiegetritt und Hindernisse auf der Fahrbahn per Handzeichen an. Solche unzähligen ungeschriebenen Regeln bestimmen friedliches Zusammenleben in einer Kultur und wer besonders bei den letzten zwei Beispielen stutzig geworden ist, für den ist dieser Blogpost gedacht.

    Auch die Fahrradkultur hat ihr dickes Handbuch an Do's und Dont's und nirgends werden diese (lebens-)wichtiger als auf Group Rides. Group Rides sind das Rückgrat der Fahrradcommunity, hier lernen Anfänger:innen dazu und finden Anschluss, hier trainieren Fortgeschrittene und geben ihr Wissen weiter, hier lebt und atmet die Fahrradkultur - wenn man sich an ein paar Regeln hält. Woran ihr auf Group Rides unbedingt denken solltet, erklären wir euch in diesem Group Ride Regelwerk.

    📖
    bucycyle Vokabelbox: Bevor es losgeht, haben wir hier ein paar Grundausdrücke für die Neulinge unter euch erklärt.

    im Wind fahren/Pull: An der Spitze eurer Formation, also ganz vorne als Erste:r fahren. Das tun normalerweise die erfahrenen und konditionsstarken Radler:innen, die den meisten Luftwiderstand abbekommen und somit dem Rest der Gruppe im Windschatten einige Anstrengung ersparen. Man wechselt sich aber ab.

    Einrücken/Ausrücken: Man wechselt entweder per Reißverschlussprinzip zurück in eine Einser-Reihe oder aber die Gruppe reiht sich in eine Zweier-Reihe ein.

    Push: Die Geschwindigkeit der Gruppe bestimmen, das tun diejenigen, die im Wind fahren (natürlich mit Rücksicht auf die Gruppe)

    Half-Wheeling: Wenn in einer Zweier-Reihe dein:e Nachbar:in schneller und ein halbes Rad vor dir fährt, erhöht sich das Unfallrisiko.

    Wiegetritt: Um die Beine zu strecken und den Po zu entspannen, oder mehr Kraft z.B. am Anstieg zu haben kann man in den Wiegetritt wechseln und im Stehen pedalieren. Das ändert den Luftwiderstand für die Radler:innen hinter euch.

    DOs

    1. Wisst, worauf ihr euch einlasst

    Auf den meisten Group Rides wird die ungefähre Route allen Teilnehmer:innen bereits vor Start mitgeteilt. Seht sie euch an, wägt ab, ob ihr den Anforderungen gewachsen seid. Wenn ihr unsicher seid, fragt die anderen Radler:innen nach der geplanten Geschwindigkeit oder nach Anstiegen. Es gibt keine dummen Fragen, dumm wäre es erst, wenn ihr überanstrengt seid und die Anderen konstant auf euch warten müssten.

    2. Seid pünktlich und vorbereitet

    Niemand wartet gerne, ihr auch nicht, also seid pünktlich und voll ausgestattet am vereinbarten Treffpunkt. Denkt an genügend Essen und Wasser, an ein Pannenkit, eine kleine Pumpe, ein bisschen Kleingeld und euren Ausweis. Natürlich kann es passieren, dass man doch mal etwas vergisst und die meisten Radler:innen leihen dann gerne eine Pumpe aus oder schenken dir einen Powerriegel, aber solche Ausnahmen sollten nicht zur Regel werden.

    3. Gebt Handzeichen und kommuniziert mit der Gruppe

    Es gibt nichts Schlimmeres, als aus dem Nichts mit 30km/h in ein Schlagloch zu donnern. Gebt bei vorausliegenden Hindernissen wie Ästen, Schlaglöchern, Scherben oder aber auch bei entgegenkommenden Fahrzeugen Handzeichen. Wenn ihr euch nicht sicher genug fühlt, um die Hände vom Lenker zu nehmen, dann ruft eine Warnung für die Radler:innen hinter euch und auch wenn ihr in den Wiegetritt wechselt ist eine verbale Warnung wichtig, bevor ihr im Sattel aufsteht.

    🙋🏽
    Auch andere abrupte Änderungen sollten der Gruppe mitgeteilt werden, die wichtigsten Handzeichen hierfür sind:

    Flache Hand senkrecht nach oben: “Vorsicht”. Wird besonders an Kreuzungen oder Abzweigungen benutzt und teilt den Anderen mit, bremsbereit zu fahren.

    Flache Hand nach links oder rechts: “Abbiegen”. Sollte von allen, nicht nur von denen genutzt werden, die im Wind fahren.

    Mit dem Finger nach links oder rechts: “Hindernis voraus”. Sobald ihr ein Hindernis seht, zeigt so früh wie möglich darauf, um die Anderen zu warnen und zur Achtung zu mahnen.

    Arm nach unten Handfläche nach hinten: “Langsamer”. Kann von allen verwendet werden, vor allem aber von denen im Pull.

    Ein kleiner Wink mit dem rechten Ellbogen: “Ablösen”. Diese Geste wird nur von den Fahrer:innen im Pull verwendet, wenn sie abgelöst werden wollen. Ein Blick nach links und rechts, um sicherzustellen, dass gerade ein guter und sicherer Moment für einen Wechsel ist, wird vorausgesetzt, bevor die Ersten sich etwas zurückfallen lassen und die Zweiten in der Reihe nach vorne wechseln.

    Nach unten zeigender Arm, wischende Handbewegung mit der Handfläche Richtung Boden: “Schotter voraus”.

    Nach unten zeigender Arm, wischende Handbewegung von links nach rechts mit Handfläche nach vorn: "Schienen".

    Sich zwei mal rechts auf den Po hauen oder mit der Hand ein Aufstehen signalisieren: “Wiegetritt”. Der oder die Fahrer:in wird im Sattel aufstehen, was den Luftwiderstand der Radler:innen hinter ihm/ihr beeinflusst.
    von links nach rechts: Vorsicht, Abbiegen (rechts), Hindernis voraus
    von links nach rechts: Ablösen, Langsamer, Schotter voraus

    4. Seid in der Wahl eurer Geschwindigkeit rücksichtsvoll

    Wenn ihr im Wind fahrt, denkt daran, dass ihr nicht alleine fahrt und andere Radler:innen eine andere Kondition haben. Wer vorne fährt, bestimmt die Geschwindigkeit der gesamten Gruppe und sollte genau deshalb besonders Rücksicht auf sie nehmen. Falls ihr euch nicht genügend gefordert fühlt, ist es für alle angenehmer, wenn ihr statt schneller zu fahren, länger im Pull fahrt und euch so auspowert. Die Fahrer:innen in der dritten Reihe sind meist in einer guten Position um einzuschätzen, ob zu schnell oder zu langsam geradelt wird und sollten dies auch der vorderen Gruppe mitteilen, um einen angenehmen Fahrstil für alle zu finden.

    Diese Achtsamkeit gilt besonders in und direkt nach Kurven und während Klettereinheiten, da es besonders hier schwierig sein kann, die Gruppe zusammen zu halten. Das Mindeste ist es, auf Social Rides am Gipfel auf alle zu warten. Und zwar richtig zu warten, gönnt den einen oder anderen oben noch eine kleine Verschnaufpause und wenn es euch wirklich zu lange dauert… dann fahrt zurück und macht den Anstieg ein zweites Mal!

    Wenn ihr absolut nicht mithalten könnt, teilt der Gruppe mit, dass ihr kurz ans Ende der Formation zurückfallen möchtet. Die Position zu wechseln ist um ein Vielfaches besser, als sich zu überanstrengen und so komplett den Anschluss zu verlieren und die anderen auf euch warten zu lassen.

    5. Haltet euch an Verkehrsregeln

    Wer über rote Ampeln fährt oder andere Regeln missachtet, bringt nicht nur sich und die Gruppe in Gefahr und begeht offensichtlich eine Ordnungswidrigkeit, sondern schadet auch der Stimmung in der Gruppe und dem Ruf von Fahrradfahrer:innen allgemein. Lasst es also einfach und fahrt vernünftig. Dazu gehört auch, gerade Linien ohne unerwartete Schlenker zu fahren, einen Blick nach hinten zu werfen, bevor man die Spur wechselt, so weit rechts wie möglich zu fahren und anderen Verkehrsteilnehmer:innen Platz zu lassen.

    6. Zusammen losfahren, zusammen ankommen

    Es ist vielleicht die wichtigste Regeln. Wenn ihr als Gruppe startet, dann endet ihr auch als Gruppe. Das bedeutet, dass ihr auf einander wartet, hilfsbereit und rücksichtsvoll seid. Nur so könnt ihr sicher sein, dass jede:r eine gute Zeit hat und schließlich auch sicher wieder zuhause ankommt.

    DON'T's

    7. Seid keine Half-Wheeler:innen

    Wenn ihr in einer Zweier-Reihe unterwegs seid, ist es noch wichtiger als sonst, sich an der Geschwindigkeit der Gruppe zu orientieren, um Unfälle zu vermeiden. Fahrt ihr schneller als eure Nachbar:innen, riskiert ihr nicht nur eine Kollision mit den Fahrer:innen vor euch, falls diese sich plötzlich verlangsamen oder ihren Fahrstil ändern müssen, sondern auch mit den Fahrer:innen neben euch. Fahrt mit eurem Lenker auf der selben Höhe nebeneinander. Half-Wheeling ist nämlich nicht nur gefährlich, sondern es bringt Unruhe in die Geschwindigkeit der Gruppe und es ist schlicht und ergreifend nervig, wenn eine:r immer etwas schneller sein möchte.

    8. Fahrt nicht unberechenbar

    Wenn ihr oft von eurer Fahrlinie abweicht und zwar ohne der Gruppe Bescheid zu geben, macht das nicht nur andere Fahrer:innen nervös sondern es erhöht auch euer Unfallrisiko. Macht also keine unnötigen und unangekündigten Schlenker, um eure Gruppe, euch und euren guten Ruf zu schützen.

    9. Lasst die Finger von der Bremse

    Natürlich nur, wenn es ein plötzliches Hindernis nicht absolut erfordert (wobei auch das im Idealfall vorher angekündigt wurde, sodass ein abruptes Reagieren nicht nötig ist). Wenn ihr die Geschwindigkeit drosseln wollt, nutzt eher den Luftwiderstand, um euch zu verlangsamen, setzt euch kurz auf oder pedaliert etwas langsamer. Das macht Tempoänderungen weniger abrupt für alle und ermöglicht einen smoothen ride.

    10. Schließt euch nicht uneingeladen anderen Rides an

    Wer freut sich nicht auf einer Tour andere Biker:innen zu sehen. Aber während Grüßen hier ein Muss ist, sehen es die wenigsten gern, wenn man sich einfach uneingeladen der Gruppe oder einem/einer einzelnen Fahrer:in anschließt. Klar, vielleicht sehen sie nett aus und fahren grade in eurem Tempo und Stil, aber fragt, ob ihr mitradeln könnt, bevor ihr es auch tut. Naja, seid einfach höflich.

    11. Verteilt euren Schnodder auf der Straße, nicht auf den Trikots derer hinter euch

    Neulinge aufgepasst, Taschentücher bleiben beim Ride daheim. Was anfangs etwas ungewohnt erscheint, wird schnell normaler. Eklig ist und bleibt aber durch die Niesswolke oder Schlimmeres der Radler:innen vor euch zu fahren. Wenn ihr euch schnäuzen müsst, werft einen Blick nach hinten, fahrt vielleicht kurz etwas zur Seite (angekündigt natürlich) und erledigt dort euer nasales Geschäft.

    12. Keine Attacken auf einem Group Ride

    Wenn ihr euch auf einem Social Ride befindet, der nicht explizit für erfahrene Fahrer:innen gedacht ist, um für Rennsituationen zu trainieren, dann haben Attacken oder sonstige Challenges dort nichts zu suchen. Wenn ihr euch stark fühlt und das unter Beweis stellen wollt, dann fahrt einfach etwas länger im Wind - ihr könnt euch auspowern und die anderen freuen sich.

    13. Bringt nicht die Gruppe in Gefahr

    Besonders, wenn ihr vorne fahrt, habt ihr eine besondere Verantwortung und müsst an die gesamte Gruppe denken. Schaffen es alle über diese grüne Ampel und ist genug Platz, dass wir alle hintereinander links abbiegen können? Keine:r sollte sich zwischen seiner eigenen Sicherheit und dem Anschluss an die Gruppe entscheiden müssen.

    Je länger ihr fahrt und an je mehr Group Rides ihr teilnehmt, desto selbstverständlicher werden diese Regeln für euch werden und auf Dauer lernt ihr auch immer besser, neue Gruppen gut einzuschätzen. Und desto wohler werdet ihr euch auch in diesen Gruppenkonstellationen fühlen, denn darum geht es letzten Endes ja: Die eigene Leidenschaft des Radfahrens mit Anderen teilen zu können.

    Falls euch für den nächsten Group Ride aber noch ein perfektes Fahrrad fehlt oder ihr euren alten Buddy auf zwei Rädern verkaufen möchtet, dann ist bucycyle eure beste Adresse. Bei Fragen rund ums Kaufen, Verkaufen und das Thema Fahrrad findet ihr auf unserem Blog Hilfe, oder aber ihr fragt bei unserem Team nach. Bis dahin wünschen wir euch, wie immer: Happy browsing, happy cycyling (ob in der Gruppe oder nicht)!